Einführung

Wir leben in einer Ära, in der künstliche Intelligenz (KI) eine immer größere Rolle in der Gesellschaft spielt. Sie durchdringt jeden Aspekt unseres Lebens, von der Art und Weise, wie wir kommunizieren, bis hin zur Art und Weise, wie wir Kunst und Unterhaltung konsumieren und produzieren. Die KI hat jedoch auch eine neue Reihe von Herausforderungen und Fragen hervorgerufen, insbesondere im Bereich des Urheberrechts.

Die traditionellen Vorstellungen von Kreativität und Urheberschaft werden durch die Fähigkeit von KI-Systemen, eigenständige und originelle Werke zu schaffen, in Frage gestellt. Diese neue Realität wirft wichtige Fragen auf, die das Urheberrechtssystem adressieren muss. Wer besitzt das Urheberrecht an einem von einer KI geschaffenen Werk? Wie werden diese Rechte durchgesetzt? Und wie können Verlage, Produzenten und andere Rechteverwerter sich in einer Welt, in der KI eine immer größere Rolle spielt, darauf vorbereiten und anpassen?

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Rechtsanwalt Goldmaier aus Neustadt an der Weinstraße | Künstliche Intelligenz und Urheberrecht: Herausforderungen und Möglichkeiten

Letzte Bearbeitung des Beitrages: 29.06.2023

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KI und Urheberrecht: Der Status Quo

Das aktuelle Urheberrechtssystem basiert auf dem Prinzip der menschlichen Kreativität. In den meisten Fällen wird angenommen, dass urheberrechtlicher Schutz entsteht, wenn die Persönlichkeit eines Menschen in einem Werk widergespiegelt wird. Doch wie passt die KI in dieses Bild? Die Antwort ist komplex und umstritten.

Ein Hauptproblem besteht darin, dass KI-generierte Produkte in den meisten Fällen nicht urheberrechtlich geschützt sind. Die KI selbst kann als „Werkzeug“ betrachtet werden, das vom Bediener oder „Prompter“ verwendet wird, um ein Werk zu erstellen. Der Bediener hat einen großen Einfluss auf das von der KI erzeugte Produkt, indem er der KI Anweisungen oder „Prompts“ gibt. Diese Prompts können so spezifisch oder so allgemein sein, wie der Bediener wünscht, und sie bestimmen die Richtung, die die KI bei der Erstellung des Werks einschlägt.

Doch obwohl der Bediener einen erheblichen Einfluss auf das von der KI generierte Produkt hat, ist dieser Einfluss oft nicht ausreichend, um urheberrechtlichen Schutz zu gewährleisten. Denn der Bediener kann die spezifischen kreativen Merkmale des von der KI geschaffenen Werks nicht im Detail vorhersagen. Solange der Bediener nur Ideen eingibt, kann es grundsätzlich keinen Urheberrechtsschutz für den von der KI generierten Output geben.

Schutz von KI-generierten Inhalten: Herausforderungen und Lösungen

Für Verleger und Produzenten ist dies eine entscheidende Frage. Da es normalerweise keinen Urheberrechtsschutz für KI-Output wie Bilder vom KI-Bildgenerator MidJourney gibt, müssen sie frühzeitig alternative Schutzkonzepte für ihre Inhalte entwickeln. Eine praktikable Herangehensweise könnte sein, die Nutzung ihrer Inhalte a priori zu verhindern. Dies könnte beispielsweise durch die Implementierung technischer Kopierschutzmechanismen geschehen. Eine andere Option könnten die sogenannten „verwandten Rechte“ sein, die vom Urheberrechtsgesetz der EU-Mitgliedsstaaten gewährt werden. Diese Rechte können Verlegern und Produzenten ein exklusives Recht an den von der KI generierten Inhalten geben, auch ohne echten urheberrechtlichen Schutz des Inhalts.

Es ist auch wichtig, dass Verleger und Produzenten Transparenzverpflichtungen für Schöpfer in ihren Lizenzverträgen vorsehen. Sie müssen wissen, in welchem Umfang KI zur Erzeugung kreativer Inhalte verwendet wurde. Dies ist die einzige Möglichkeit für sie, zu beurteilen, ob einzelne Teile oder sogar der gesamte von ihnen verwendete Inhalt keinen Urheberrechtsschutz genießt. Darüber hinaus ist Transparenz auch wichtig, um Haftungsrisiken zu identifizieren. Zum Beispiel sollte ein Filmproduzent, der große Summen in die Produktion eines Films investiert, wissen, ob der Drehbuchautor KI zum Schreiben des Drehbuchs verwendet hat. Dies liegt daran, dass KI innerhalb bestimmter Grenzen unvorhersehbare Ausgaben produziert, die Urheberrechtsverletzungen von Werken Dritter enthalten können.

Verwendung urheberrechtlich geschützter Werke zur KI-Training

Ein weiterer wichtiger Aspekt, den Verleger und Produzenten berücksichtigen müssen, ist das Training von KI-Systemen mit urheberrechtlich geschützten Inhalten. KI-Anwendungen basieren in der Regel auf künstlichen neuronalen Netzen, die vor ihrer Verwendung mit einer großen Menge an Trainingsdaten gefüttert werden müssen. Diese Daten können auch urheberrechtlich geschützte Werke enthalten, die mit Hilfe von sogenannten Webcrawlern heruntergeladen wurden, insbesondere aus frei zugänglichen Internetquellen. Die Frage, ob Rechteinhaber und insbesondere Verleger und Produzenten die Nutzung ihrer Werke durch Dritte für das KI-Training dulden müssen, hängt größtenteils von der Anwendbarkeit der neuen Urheberrechtsbeschränkung für Text- und Datenmining ab (Art. 4 EU DSM Richtlinie 2019/790 und deren nationale Umsetzung, z.B. § 44b Deutsches Urheberrechtsgesetz).

Nutzung eigener Inhalte zur KI-Training

Verleger und Produzenten könnten auch daran interessiert sein, KI für ihre eigenen Zwecke zu entwickeln. In diesen Fällen benötigen sie ebenfalls eine Menge Trainingsdaten. Da sie normalerweise über ein großes Repertoire an urheberrechtlich geschützten Werken verfügen, stellt sich für sie die Frage, ob sie dieses Repertoire zur Schulung ihrer eigenen KI verwenden dürfen. Die konkrete Gestaltung der mit den Autoren abgeschlossenen Lizenzvereinbarungen ist hier entscheidend. Denn das KI-Training ist eine eigenständige Art der Nutzung, die daher auch speziell lizenziert werden kann. Hierbei stellt sich die Frage für Verleger und Produzenten, ob sie diese Rechte besitzen oder ob sie noch beim Autor liegen. In einigen Urheberrechtsordnungen – wie dem Deutschen Urheberrechtsgesetz – muss in den Lizenzvereinbarungen eine spezifische Sprache vorhanden sein, damit diese Rechte den Verlegern oder Produzenten gewährt werden und die Werke zur Schulung einer KI verwendet werden können.

Fazit

Die KI stellt das Urheberrecht vor immense Herausforderungen. Da in den meisten Fällen nicht davon ausgegangen werden kann, dass von der KI generierte Produkte urheberrechtlich geschützt sind, müssen Verleger, Produzenten und andere Rechteauswerter neue Ansätze und Strategien entwickeln, um ihre Inhalte zu schützen und zu nutzen. Dabei spielt die menschliche Beteiligung an der Erzeugung von KI-Produkten eine entscheidende Rolle für den Urheberrechtsschutz.

Es ist auch wichtig, dass Verleger und Produzenten die Verwendung von KI in ihren Lizenzvereinbarungen berücksichtigen und Transparenz hinsichtlich der Beteiligung von KI an der Erzeugung kreativer Inhalte verlangen. Dies wird ihnen helfen, mögliche Haftungsrisiken zu identifizieren und entsprechende Maßnahmen zur Risikominderung zu ergreifen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt, den Verleger und Produzenten berücksichtigen müssen, ist das Training von KI-Systemen mit urheberrechtlich geschützten Inhalten. Sie müssen prüfen, ob sie ihre eigenen urheberrechtlich geschützten Werke zur Schulung ihrer KI verwenden dürfen und ob sie Maßnahmen ergreifen müssen, um die Nutzung ihrer Werke durch Dritte für das KI-Training zu verhindern.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die KI das Urheberrecht erheblich beeinflusst und neue Herausforderungen und Möglichkeiten mit sich bringt. Es ist daher wichtig, dass Rechteauswerter, Verleger und Produzenten sich über die neuesten Entwicklungen auf dem Laufenden halten und proaktiv Strategien entwickeln, um ihre Interessen zu schützen und die Chancen, die die KI bietet, optimal zu nutzen.

Es bleibt spannend, wie sich das Zusammenspiel von KI und Urheberrecht in den kommenden Jahren weiterentwickeln wird und welche neuen Lösungen und Ansätze zur Bewältigung dieser Herausforderungen entwickelt werden. Eines ist jedoch sicher: Die KI wird das Urheberrecht und die Art und Weise, wie wir kreative Inhalte erzeugen und nutzen, weiterhin grundlegend verändern.

Der Artikel wurde inspiriert durch den aufschlussreichen Gastbeitrag von Prof. Dr. Jan Bernd Nordemann auf LTO.

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